Alle heutigen Haushunde stammen vom Wolf ab, auch wenn das angesichts der teils immensen Unterschiede in Größe, Aussehen und Charakter nur schwer vorstellbar erscheint. Über die vielen tausend Jahre des Zusammenlebens zwischen Zwei- und Vierbeinern hat der Mensch durch immer gezieltere Zuchtauswahl zahlreiche Hunderassen für die unterschiedlichsten Nutzungsansprüche entwickelt.
Einteilung der unterschiedlichen Hunderassen
Heute existieren weltweit rund 400 Hunderassen, die je nach Veranlagung und Aufgabenbereich unterschiedlichen Kategorien zugeteilt werden können. In der kynologischen Fachliteratur finden sich unterschiedliche Gruppeneinteilungen, von denen allerdings keine bindend ist.
Teilweise kommt es zu Überschneidungen, manche Rassen passen in verschiedene Kategorien, und nicht jeder einzelne Hund erfüllt die seiner Gruppe zugeschriebenen Anforderungen an Eigenschaften und Charakter. Aufgrund der Entwicklungsgeschichte und Veranlagung erscheint folgende Einteilung sinnvoll:
Herdenschutzhunde
Entstehungsgeschichte: zur eigenständigen Bewachung der Viehherden gegen Raubtiere gezüchtet, lebten meist in unwegsamem Gelände zu mehreren mit der Herde und nicht eng mit ihren Menschen zusammen; Geburt und Aufzucht der Welpen erfolgte innerhalb der Herde, um eine enge Bindung zu den Nutztieren auszubilden
Eigenschaften: groß, ruhig, sehr selbstständig, ausgeprägte territoriale Verteidigungsbereitschaft, dominant, geringes Sozialbedürfnis, gering ausgeprägtes Jagdverhalten
Eignung: Herdenschutz, Bewachung von Grundstücken, eher ungeeignet als Familienhund
Beispiele: Pyrenäen-Berghund, Kangal, Kuvasz, Kaukasischer Owtscharka, Maremmen-Abruzzen-Schäferhund
Haus-, Hof – und Wachhunde
Entstehungsgeschichte: zur Bewachung von Haus und Hof gezüchtet, lebten in unmittelbarer Nähe ihrer Menschen
Eigenschaften: viele groß, kräftig und ruhig, andere klein und bellfreudig, standorttreu, wachsam, ausgeprägtes territoriales Verteidigungsverhalten, enge Bindung an ihre Menschen, meist gering ausgeprägtes Jagdverhalten (außer bei Pinschern und Schnauzern, die auch Ratten und Mäuse im Stall jagen sollten)
Eignung: als Hofhunde auf großen Anwesen (Landwirtschaft, Reiterhof etc.), Freizeithund, Familienhund
Beispiele: Berner Sennenhund, Hovawart, Bernhardiner, Leonberger, Wolfsspitz, Mittelspitz, Deutscher Pinscher, Mittelschnauzer
Hütehunde
Entstehungsgeschichte: zum Zusammenhalten und Lenken der Viehherden gezüchtet, in enger Zusammenarbeit mit dem Menschen; spezialisiert als Koppelgebrauchshunde, die Einzeltiere auf Kommando aus der Herde separieren oder die Herde auf die Koppel oder in einen Pferch treiben können
Eigenschaften: schnell, aktiv, arbeitsfreudig, intelligent, sensibel, enge Anbindung an den Menschen, ausgeprägtes Jagdverhalten, oft bellfreudig
Eignung: Hundesport, aktiver Begleithund (Wandern, Reiten, Laufen), braucht viel Bewegung, Beschäftigung und konsequente Erziehung, für Familien mit Hundeerfahrung geeignet
Beispiele: Border Collie, Australian Shepherd, Deutscher Schäferhund, Harzer Fuchs, Shetland Sheepdog
Treibhunde
Entstehungsgeschichte: Treiben von Großvieh (Rinder) zur Weide oder zum Markt, Schutz vor Raubtieren oder Dieben, zum Teil auch Ziehen von Karren (z.B. zum Milchtransport), enge Zusammenarbeit mit dem Menschen
Eigenschaften: manche groß und schwer, manche eher klein und wendig, temperamentvoll, hohe Verteidigungsbereitschaft, gelehrig, für Familien mit Hundeerfahrung geeignet
Eignung: Hundesport, Bewachung, Schutz- und Begleithund
Beispiele: Rottweiler, Riesenschnauzer, Schweizer Sennenhunde, Bouvier des Flandres, Australian Cattle Dog
Jagdhunde
Entstehungsgeschichte: für viele unterschiedliche Einsatzbereiche im Rahmen der Jagd gezüchtet, z.B. Lauf-, Schweiß-, Stöber-, Apportier- oder Vorstehhunde, Wasserhunde, aber auch Erdhunde wie Terrier und Dackel zur unterirdischen Baujagd
Eigenschaften: lernfreudig, ausdauernd, selbstständig, freundlich, sehr feiner Geruchssinn, oft wasserliebend, stark ausgeprägter Jagdtrieb
Eignung: jagdliche Nutzung, Begleithund, Hundesport, Familienhund
Beispiele: Retriever, Bracken, Dalmatiner, Setter, Pointer, Spaniel, Deutscher Jagdterrier, Dackel, Jack Russell Terrier
Windhunde
Entstehungsgeschichte: vor allem für die Hetzjagd auf schnelle Beutetiere in sehr großflächigem Terrain gezüchtet, jagen „auf Sicht“, packen und schütteln die Beute
Eigenschaften: sehr schnell, schlank und elegant, sportlich, sensibel, selbstständig, enge Bindung an Familie, distanziert gegenüber Fremden, sehr starker Jagdtrieb
Eignung: Hundesport (Rennsport), Begleithund, braucht sehr gute Erziehung und viel Bewegung, anhänglicher Familienhund
Beispiele: Afghane, Barsoi, Whippet, Irischer Wolfshund, Galgo, Greyhound, Italienisches Windspiel, Saluki
Doggenartige Hunde
Entstehungsgeschichte: sehr große, massige Hunde, die bereits in der Antike im alten Griechenland und Rom als Wach- und Hütehunde eingesetzt wurden; auch als Molosser bezeichnet
Eigenschaften: sehr groß und kräftig gebaut, ruhig, wachsam, territoriales Verteidigungsverhalten, kaum Jagdtrieb
Eignung: Begleithund, Wachhund, guter Familienhund bei ausreichender Erziehung
Beispiele: Deutsche Dogge, Mastino Napoletano, Bordeauxdogge, Mastiff, Fila Brasileiro, Old English Bulldog, American Bulldog
Begleit- und Gesellschaftshunde
Entstehungsgeschichte: meist kleine Hunde ohne spezielle Aufgabe, zur Begleitung oder als Schoßhunde bei Hofe gezüchtet
Eigenschaften: sehr menschenbezogen, hohes Sozialbedürfnis, agil, spielfreudig, meist intelligent und gut zu erziehen, oft bellfreudig
Eignung: sehr gute Familienhunde, Begleithunde, auch im Hundesport sehr lernfreudig und aktiv (Leistungsniveau beachten!)
Beispiele: Pudel, Zwergspitz, Malteser, Shih Tzu, Französische Bulldogge, Pekinese, Mops, Yorkshire Terrier, Chihuahua
Hunde vom Urtyp
Entstehungsgeschichte: Zusammenfassung von unterschiedlichen Rassen aus allen Erdteilen, die sich über viele Jahrhunderte kaum verändert haben, mit teils sehr unterschiedlichen Aufgaben (von der FCI, dem kynologischen Dachverband der Hunde-Zuchtverbände, werden auch alle Spitze in diese Gruppe einbezogen)
Eigenschaften: sehr ursprüngliche Verhaltensweisen, willensstark, selbstständig, wachsam und territorial, nicht leicht zu erziehen; manche mit starkem Jagdtrieb; kennzeichnend für alle Hunde dieses Typs sind Stehohren und Ringelrute, über den Rücken getragen
Eignung: als Jagd- oder Wachhund, Begleithund, Hundesport (v.a. Schlittenhundesport); bedingt als Familienhunde geeignet
Beispiele: Siberian Husky, Alaskan Malamute, Samojede, Akita Inu, Chow Chow, Islandhund, Grönlandhund, Podenco, Thai Ridgeback, Basenji
Rassehund, Designerhund oder Mischling
Es ist immer gefährlich, einen Hund nur nach dem Aussehen oder den seiner Rasse zugeschriebenen Charaktereigenschaften zu beurteilen. Neben den vielen anerkannten Hunderassen mit lange überlieferter Entwicklungsgeschichte gibt es auch ständig neue, noch nicht anerkannte Züchtungen wie die sogenannten Designerhunde, zu denen etwa Golden Doodle, Labradoodle oder Puggle gezählt werden. Genau genommen handelt es sich dabei um Mischlinge, die aus der Verpaarung reinrassiger Elterntiere unterschiedlicher Rassen entstehen.
Darüber hinaus existieren unzählige Mischlingshunde, deren Abstammung sich überhaupt nicht mehr nachvollziehen lässt. Somit sind generalisierte Aussagen über mögliche Charaktereigenschaften dieser Tiere kaum möglich. Im Umgang mit Hunden ist es unerlässlich, auch äußere Einflüsse wie Herkunft, Erziehung und Erfahrungen des Individuums zu beachten. Jeder Hund ist einzigartig, eine Kategorisierung kann somit nur ein Anhaltspunkt für dessen Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen sein.