Das Jagdverhalten beim Hund: Wichtige Grundlagen
Hunde gehören, genau wie ihre Vorfahren, die Wölfe, zu den Beutegreifern. Das Jagen, Fangen und Töten von Beutetieren sichert sowohl dem einzelnen Wolf als auch dem ganzen Rudel das Überleben.
Durch die Domestikation hat der Mensch über Jahrtausende hinweg das Jagdgeschick der Wölfe genutzt und durch gezielte Zucht bestimmte Teile dieses Verhaltens verstärkt. So entstanden verschiedene Hunderassen für unterschiedliche Aufgaben.
Allerdings ist dieses Jagdverhalten nicht bei allen Hunden erwünscht. Daher ist es für Hundetrainer oft eine Herausforderung, einem Hund das Jagen abzugewöhnen. Deshalb sind Kenntnisse über das Jagdverhalten von Hunden sehr wichtig.
Warum jagen Hunde
Man müsste ja denken, dass die Hunde durch die Fütterung ihren Jagdinstinkt verlieren würden. Schließlich sind sie jetzt satt, oder? Um zu verstehen, warum das nicht so ist, müssen wir uns erstmal angucken, warum Hunde überhaupt jagen.
Das Jagdverhalten von Hunden ist ein natürlicher Teil ihrer angeborenen Verhaltensweisen. Grundsätzlich hat jeder Hund genetisch verankerte Elemente des Jagdverhaltens, die je nach Rasse, Herkunft und individuellen Erfahrungen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Man spricht oft von “starkem” oder “schwachem Jagdtrieb”.
Bei der Zucht vieler Hunderassen wurden bestimmte Teile des Jagdverhaltens gezielt verstärkt oder abgeschwächt, um spezifische Fähigkeiten zu fördern. So entstanden Jagdhunde, die verschiedene Aufgaben wie Aufspüren, Anzeigen, Hetzen oder Apportieren von Wild erfüllen. Auch das Hüten, Treiben und Bewachen von Viehherden sowie die Arbeit in der Schutzhundausbildung basieren auf bestimmten Aspekten des Jagdverhaltens. Deshalb zeigen nicht nur Jagdhunde, sondern viele Rassen und Mischlinge eine “Lust zum Jagen”.
Da angeborenes Verhalten nicht vollständig abtrainiert werden kann, ist es wichtig, die Motivation hinter den einzelnen Verhaltensweisen zu verstehen und sie in gewünschtes Verhalten umzulenken. Für wildlebende Beutegreifer ist das erfolgreiche Jagen und Fangen von Beutetieren überlebenswichtig. Daher ist die Motivation für diese Verhaltensweisen so stark, dass selbst häufige Misserfolge sie nicht mindern. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ausgewachsene Wölfe nur etwa 10% ihrer Jagdversuche erfolgreich abschließen.
In der Verhaltensbiologie spricht man von “selbstbelohnendem Verhalten” – nicht nur das Erreichen des Endziels, also das Fressen eines Beutetiers, sondern bereits das Ausführen einzelner Jagdsequenzen, löst beim Wolf oder Hund ein positives Gefühl durch die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe im Gehirn aus.
Sequenzen des Jagdverhaltens
Die Handlungskette bei der Jagd des Hundes lässt sich nämlich in solche unterschiedliche Sequenzen unterteilen. Die folgenden Beispiele zeigen Hunderassen, bei denen diese Sequenzen durch Zucht besonders hervorgehoben, andere dafür eher unterdrückt wurden:
Aufspüren
Als erstes betrachten wir das Aufspüren und Orten durch Hunde.
Der Vierbeiner stößt entweder zufällig auf eine interessante Spur oder sucht gezielt danach, je nach seinen bisherigen Erfahrungen. Er folgt der Spur und findet schließlich das gesuchte Objekt.
Hunderassen, die dafür besonders ausgeprägt sind, wären z.B. Retriever, Stöberhunde wie Deutscher Wachtel oder Cockerspaniel.
Fixieren und Anschleichen
Das fixieren und anschleichen ist ebenfalls eine wichtige Sequenz. Ist das Objekt aufgespürt, wird es zunächst fixiert, um sich dann vorsichtig anzuschleichen.
Vorstehhunde wie Pointer , Setter oder Deutsch Drahthaar, aber auch Hütehunde wie Border Collie oder Harzer Fuchs, sind besonders dafür bekannt.
Nach dem fixieren und anschleichen folgt nun das Hetzen und Stellen.
Hetzen und Stellen
Bewegliche Beute wird durch plötzliches Anrennen aufgebracht und gehetzt, bis sie gestellt werden kann.
Hunderassen die darauf besonders anspringen sind Laufhunde wie Beagle und Bracken, Windhunde, aber auch Hüte- und Treibhunde sowie Schutzhunde.
Die wohl größte Gefahr für das Opfer besteht aber bei der nächsten Sequenz. Dem Packen, Schütteln, Töten und Fressen.
Töten
Schließlich wird die Beute gepackt und, je nach Größe, geschüttelt, was bei kleinen Beutetieren oft zum Tode führt. Eine bestimmte Form der Tötung gibt es bei Hunden nicht, größere Beutetiere sterben entweder am Schock oder Blutverlust durch das Zerreißen.
Besonders anfällig sind Hunderassen wie Windhunde, einige Terrier und Schutzhunde wie Malinois.
Natürlich lassen sich die Sequenzen nicht eindeutig ein- bzw. ausschließen. Es ist als Hundetrainer aber wichtig, die einzelnen Sequenzen zu kennen und zu intervenieren.
Das Beuteschema des Hundes
Ob und was ein Hund jagen will, ist nicht grundsätzlich angeboren, sondern wird vor allem durch Lernerfahrungen bestimmt. Junge Welpen jagen beispielsweise fliegenden Blättern hinterher, die keinerlei Ernährungswert für sie haben. Alleine die plötzliche schnelle Bewegung animiert sie dazu, dem Objekt hinterherzulaufen und es zu fangen.
Hat ein Hund eine hohe innere Bereitschaft, sich schnell bewegende Objekte zu hetzen, versucht er möglicherweise auch, Fahrräder, Autos oder rennende Kinder zu verfolgen und zu packen. Da beim Ausführen der Jagdsequenzen normalerweise keine Anzeichen von Aggression gezeigt werden, muss klar zwischen unerwünschtem Jagdverhalten und zielgerichteter Aggression unterschieden werden.
Allerdings können mit zunehmender Erfahrung des Hundes diese Grenzen verschmelzen, woraus sich schließlich ernsthafte Verhaltensprobleme mit hohem Gefährdungspotential für andere Tiere oder Menschen entwickeln können. Hier gilt es, rechtzeitig einzugreifen und die Handlungsabläufe des Hundes ganz gezielt in eine ungefährliche Richtung zu lenken.
Zahlreiche Verhaltensweisen aus dem Beutefang-Komplex zeigen Hunde auch im Spiel. Welpen üben sich in Renn- und Fangspielen, wobei die Rollen häufig wechseln. Auch viele erwachsene Hunde spielen miteinander, indem sie sich anschleichen, gegenseitig fixieren und hintereinander herlaufen. Je weniger sich die Hunde kennen, desto eher können solche ausgelassenen Spielsituationen allerdings auch kippen und in aggressive Verhaltensweisen umschlagen.
Unerwünschtes Jagdverhalten des Hundes vermeiden
Wir kennen jetzt also die Sequenzen und das Beuteschema zum Jagdverhalten beim Hund. Schauen wir uns als Nächstes ein paar Strategien an, um unerwünschtes Jagdverhalten beim Hund zu vermeiden.
Da es sich beim Jagen um angeborene Verhaltensweisen handelt, die allein durch ihre Ausübung dem Hund ein positives Gefühl vermitteln, lassen sie sich umso schwieriger beeinflussen, je mehr positive Erfahrungen der Hund bereits damit machen konnte. Es gilt also, möglichst den Anfängen einzugreifen.
Bereits während der Welpenphase lässt sich erkennen, ob ein Hund größeres Interesse daran hat, Objekten hinterherzulaufen. Auch ist bei vielen Hunderassen eine gesteigerte Neigung zum Jagen bekannt. Bestenfalls wird bereits in der wichtigen Prägephase und während der ersten Grunderziehung das Jagdverhalten beim Hund in eine kontrollierbare und gewünschte Richtung gelenkt.
So kann beispielsweise eine vorhandene Motivation zur Fährtenarbeit genutzt werden, um den Hund mit Suchspielen und künstlich gelegten Fährten zu beschäftigen und auszulasten. Apportierfreudige Hunde lernen schnell, einen Dummy oder die Zeitung zu bringen. Und hochaktive Hütehunde können sich in verschiedenen Hundesportarten wie Agility oder Obedience austoben.
Ganz wichtig für jagdinteressierte Vierbeiner ist eine solide Grundausbildung, damit der Hund alle Grundkommandos sicher beherrscht und auch befolgt. Eine nicht gewünschte Ausübung des Jagdtriebes sollte immer unmittelbar durch ein entsprechendes Grundkommando wie Stopp oder Platz abgebrochen und unterbunden werden. Die positive Verstärkung bereits vorhandener Verhaltensweisen durch entsprechend hochwertige Belohnungen führt bei konsequentem Training dazu, dass sich das „Endziel“ verändern und durch den Menschen vorgeben lässt.Hier noch ein Hinweis auf unseren Online Hundetrainer Kurs.
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